Die dritte Generation hat einen bemerkenswerten Entwicklungsfortschritt hingelegt.
Der neue Bentley Continental GT hat lange auf sich warten lassen. Nach der offiziellen Ankündigung am 30. August 2017 und der öffentlichen Premiere auf der IAA Frankfurt einige Wochen später, vergingen Monate bis das erste Fahrzeug am 30. Juni 2018 an den Kunden ausgeliefert wurde. Einer der Gründe für diese lange Wartezeit liegt in der Anpassung eines der wichtigsten neuen Features dieses Continental GT mk3: ein 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe – welches kein geringes ist als das PDK8 von Porsche, das mit Bentleys eigener Firmware überspielt und von ZF gefertigt wurde.
Dieses ist für die Übertragung des massiven Drehmoments der 6,0-Liter-W12 zuständig, welcher für eine optimierte Effizienz überarbeitet wurde. Es besitzt eine Doppeleinspritzung und ist ab sofort in der Lage, bei geringer Motorlast als Sechszylinder zu arbeiten. Dabei anhand des heutzutage häufig genutzten Cylinder on demand System eine ganze Reihe deaktiviert und abgeschaltet.
Der Hubraum wird auf 5950 cm3 erhöht und das maximale von 1350 bis 4000 U/Min. verfügbare Drehmoment steigt auf 900 Nm, während die Leistung mit 635 PS bei 6000 U/min ihren Höhepunkt erreicht. Dank der Gewichtsreduzierung und der hervorragende Leistung des neuen Doppelkupplungsgetriebes schafft der neue Continental GT mk3 die 0-100 km/h 0,5s schneller als der GT Speed mk2.
Der neue “ContiGT” profitiert von weiteren Innovationen des VW-Konzerns, insbesondere von der Einführung aktiver Stabilisatoren, die von einer 48V-Zusatzschaltung gespeist werden. Die Maße ändern sich nicht wesentlich: Die Länge bleibt unverändert, die Breite steigt um 10 mm, die Höhe verringert sich um 12 mm.
Ziel war es nicht, das Platzangebot für die hinteren Passagiere zu vergrößern, sondern sowohl den für die hinteren Passagiere zur Verfügung stehenden Raum als auch das Volumen des Kofferraums auf den Liter genau zu erhalten. Die wichtigsten Veränderungen in der Karosserie sind die Erhöhung des Radstandes um 104 mm und die im Superforming-Verfahren hergestellten Aluminium-Kotflügel mit besonders ausgeprägten Karosserielinien. Die Rücksitze sind einladender als in meiner Erinnerung. Sie bieten für einen erwachsenen Mann in den beiden kritischen Bereichen nur begrenzten Raum, für eine einstündige Fahrt ist dies jedoch durchaus akzeptabel.
Genug mit dem Vorgeplänkel, es ist höchste Zeit, sich hinter das Steuer zu begeben. Bentley hat für uns eine Route in Nordwales, westlich von Crewe, herausgesucht, deren Straßen den Lesern der englischen Presse höchstwahrscheinlich bekannt sein dürften: das Evo-Dreieck. Ähnlich wie der von Top Gear viel gepriesene Stelvio-Pass sind diese Straßen in den walisischen Weiden stellenweise angenehm, aber extrem eng. Und die Region ist voll von stationären Radargeräten und makabren Schildern, die auf die Zahl der Todesopfer hinweisen.
In dieser Umgebung wirkt der Continental GT vom Fahrersitz aus enorm. Der Eindruck der Breite wird durch die langgezogene Armaturenabdeckung, die kontinuierlich vom Armaturenbrett bis zu den Türverkleidungen verläuft, zusätzlich verstärkt. Die Kabine ist mit zwei 12,3-Zoll-Displays, eines für fahrerseitige Instrumente und das andere für die Multimedia-Schnittstelle, deutlich moderner.
Letztere lässt sich drehen und enthüllt auf diese Weise zwei zusätzliche Dimensionen: eine neutrale Fläche oder drei Analog-Instrumente. Ein Gerät, das in unserem Testfahrzeug ohne Vorwarnung ein paar brüske Bewegungen machte, bis es wieder zum Stillstand kam. Angesichts des Preises für diese Option (5.265 €) und der nahezu sicheren Gewissheit, dass der LCD-Bildschirm die meiste Zeit über an Ort und Stelle bleibt, stünde dieses Gadget auf meiner Prioritätenliste nicht sehr weit oben. Für diesen Preis findet man im Katalog mit den Sonderausstattungen einige großartige Angebote.
Bentley hat sein virtuelles Cockpit nicht sehr innovativ genutzt und bietet nur zwei Ansichten, davon eine klassische mit zwei Rundinstrumente, wobei das zweite den Drehzahlmesser überdeckt.
Das Interieur wurde im typischen Bentley-Stil gehalten, mit seiner Mischung aus edlem Leder, Chromakzenten und Holzarbeiten sowie den charakteristischen Lüftungsschlitzen. Zu wichtigsten Designelementen gehören die Option für eine Kombination zweier verschiedener Holztöne, allerdings verzichtet keine der acht im Katalog angebotenen Optionen auf die schwarze Tastatur. Die zweite optische Neuerung, eine mit Nähten in Diamantoptik verzierte Polsterung wirkt für meinen Geschmack etwas zu überladen. Die Möglichkeiten zur Personalisierung sind, auch wenn man die Optionen des Mulliner-Katalogs nicht voll ausschöpft, nahezu unbegrenzt und ganz im traditionellen Stil der Marke.
Die Integration des PDK8-Getriebes ist perfekt gelungen. Es gibt keinen passiven Fahrkomfort, die Schaltvorgänge sind transparent, und das Ansprechverhalten auf die Schaltpaddel, die bei diesem Modell am Lenkrad angebracht sind, ist sehr viel schneller als beim alten Automatikgetriebe. Das Bentley-Team sagt, dass sie lange und hart gearbeitet haben, um dem Schaltwechsel einen Hauch Authentik zu verleihen und der für den Panamera entwickelten Firmware das “porschige” Fahrgefühl zu nehmen. Das Ergebnis ist so glatt wie feines Leder oder der polierte Lack einer Holzverkleidung. Auch im Sportmodus gibt es beim Hochschalten keine mechanische Rückkopplung und der Geschwindigkeitsausgleich beim Herunterschalten geht diskret vonstatten.
Die Beschleunigung hingegen ist alles andere als diskret. Dem Bentley W12 hat es nie an Muskelkraft gefehlt, aber die 900 Nm dieses Gefährts in Kombination mit einem Getriebe, mit dem dieses Drehmoment permanent erreicht werden kann, lassen nicht Adrenalinspiegel des Fahrers nach vorne schnellen. Das Klangbild bleibt im Rahmen, aber die Obertöne sorgen dafür, dass der doppelten Sechszylinder-Motor nicht unbemerkt bleibt und wenn man den Fuß vom Pedal hebt, erzeugt das Steuern der Motorklappen in den Abgasleitungsrohren ein lautes Brumm-Geräusch, das an frühere Generationen erinnert. Die Abrufbarkeit, Stärke und Agilität dieser Motor-Getriebe-Einheit sind bewundernswert, zumal Bentley mit diese Leistungsmerkmalen punktet, ohne dabei jemanden vor den Kopf zu stoßen.
Im Komfortmodus fühlt man sich dank der weichen Dämpfung fast wie im Schwebzustand, im Sportmodus ermöglicht sie ein vorrausschauenderes Fahren und federt lediglich die Fahrzeugbewegungen ab. Selbst in seiner sportlichsten Einstellung fährt sich der Continental GT so komfortabel, dass es mich nicht im Geringsten stören würde, dauerhaft in diesem Modus zu fahren.
Wir konzentrieren uns auf einen kurvenreichen und hügeligen Abschnitt der A543, auf dem sich mehrere Kurven und Straßenverengungen hintereinander reihen und durch die ich nun in Windeseile brausen kann, während unser Fotograf den Moment für die Ewigkeit festhält. Der Continental GT mk3 fährt sich bei hohem Tempo hervorragen Tempo sehr gut und vermittelt ein intensiveres Kontaktgefühl als der mk1 und mk2. Auch die Bodenführung ist starrer und rigoroser, aber der Lenkung fehlt es leider etwas an Schwung. Für den Sportmodus ist seine Tarierung meines Erachtens zu leichtgängig, aber meisten enttäuscht hat mich die mangelnde Spürbarkeit im Hinblick auf die Haftung der Vorderachse. Die Untersteuerung ist zwar vorhanden, aber man bemerkt sie kaum.
Der neue Bentley hat eine energische Drehmomentverteilung mit einem an das Vorderrad abgegebene Drehmoment von maximal 38% im Komfort- und Bentley-Modus und nur 17% im Sportmodus. Dies ermöglicht ein wenig Hooliganismus beim Anfahren im hohen Drehzahlbereich, aber ansonsten wird das 900 Nm Drehmoment meisterhaft auf den Boden übertragen.
Die Luftfederung besteht auf drei Kammern, welche für eine härtere Tarierung elektronisch verschlossen werden. Im Ganzen bleibt das Fahrgefühl bei erhöhter Geräuschkulisse weiterhin relativ flexibel und während ich eine Straßenverengung nach der anderen nehme, höre ich wie der Spritzschutz über den walisischen Asphalt schleift, während die Räder auf ihrer gesamten Breite arbeiten. Eine Korrektur ist nicht erforderlich, die Linienführung bleibt einwandfrei, aber ich fahre eindeutig in einem Tempo, in dem ein Sport+-Modus erforderlich wäre. Bei Kurvenfahren scheint das Auto dank seiner aktiven Stabilisatoren nicht im Geringsten von seiner Spur abzukommen, mein endgültiges Urteil dazu bewahre ich mir jedoch für einen gründlicheren Test bei unseren üblichen, selektiveren Testbedingungen auf.
Im Ganzen hat dieses Fahrzeug-Modell ein beachtliches Potenzial und erscheint mir logisch, dass sich Bentley Luft nach oben freihält für die Entwicklung einer Speed-Version, die wahrscheinlich weniger konservativ und deutlich demonstrativer ausfallen wird. Die Stringenz ist deutlich zu spüren, aber das Konzept orientiert sich weiterhin an der Zielgruppe.
Diese neue Generation ist zweifellos ein besserer Continental GT, es wurden jedoch keine grundlegenden Änderungen vorgenommen. Bentley hat es nicht riskiert, seine treuen Kunden mit einer zu spezifischen Version zu überraschen. Wir würden es ohnehin nie wagen, das Erfolgsrezept, dank sich seit 2003 mehr als 66.000 Continental GTs verkauft haben, anzuzweifeln.
Das Leistungsspektrum erweitert sich durch ein exzellentes Fahrwerk und ein einwandfreies Getriebe, welche die Qualitäten des W12 TSI sowohl in Bezug auf das Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich als auch besonders energische Drehzahlsteigerung hervorheben. Zweifellos wird es in Zukunft auch V8- und Hybridversionen geben, bereits bei diesem W12 gibt es nichts auszusetzen, ganz im Gegenteil. Er hat noch nie besser ausgesehen.
Der Continental GT ist mehr denn je ein Inbegriff für luxuriöses Design, vielseitiger und weniger extrovertiert als der Aston Martin DB11, aber mit Sicherheit nicht weniger leistungsstark.
Ausstattung des Testfahrzeugs
Bentley Continental GT | £ 159’100 | € 193’200 |
Mulliner Driving Specification, hohe Räder | £ 8’095 | € 9’070 |
Naim Audiosystem für Bentley | £ 6’500 | € 7’280 |
Touring Specification | £ 6’195 | € 6’940 |
Bentley Dreh-Display | £ 4’700 | € 5’265 |
Tungsten Lack – extended paint range | £ 4’500 | € 5’040 |
City Specification | £ 3’960 | € 4’440 |
Front seat comfort specification | £ 2’650 | € 2’970 |
Holzverkkleidung Dark Stained Madrona / Piano Black | £ 1’800 | € 2’015 |
Beluga Kontrastnähte | £ 1’720 | € 1’930 |
Mood lighting Specification | £ 1’490 | € 1’670 |
Diamond knurling Specification | £ 1’470 | € 1’650 |
Tuner TV & Digitalradio | £ 965 | € 1’090 |
Kompakter Ersatzreifen | £ 545 | N.C. |
Beheizte Windschutzscheibe | £ 480 | € 540 |
Welcome-Home-Beleuchtung | £ 450 | € 505 |
Lenkradheizung uni | £ 390 | € 445 |
hochflorige Matten | £ 350 | € 395 |
Induktionsladegerät für Smartphones | £ 280 | € 315 |
Total | £ 205’640 | € 244’760 |
Autovergleich – technische Daten
Bentley Continental GT mk3 | Bentley Continental GT Speed mk2 | Aston Martin Rapide S | |
Motor | W12 biturbo 5950 cm3 | W12 biturbo 5998 cm3 | V12 5935 cm3 |
Leistung (PS / U/min) | 635 / 6000 | 625 / 6000 | 558 / 6750 |
Drehmoment (Nm / U/min) | 900 / 1350-4500 | 800 / 2000 | 620 / 5500 |
Antrieb | 4 RM | 4 RM 40:60 | AR |
Getrieb | Doppelkupplung 8 | automatisch, 8 Gänge | Touchtronic 2, 6 Gänge |
kg/PS | (3.55) | 3.80 | (3.57) |
Gewicht DIN (herst.) | (2252) | 2379 (2320) 57.3% AV 42.7% AR |
(1990) |
0-100 km/h (sek.) | 3.7s | 4.2s | 4.9s |
Höchstgeschw. (km/h) | 333 | 330 | 306 |
Verbrauch (constr.) | (12.2) | 19.04 (14.5) | (14.2) |
Tank (l) | 90 | 90 | 90.5 |
CO2 (g/km) | 278 | 338 | 332 |
Länge (mm) | 4805 | 4806 | 5020 |
Breite (mm) | 1954 | 1944/2227 | 2140 |
Höhe (mm) | 1392 | 1404 | 1350 |
Radstand (mm) | 2850 | 2746 | 2989 |
Koffer (L) | 358 | 358 | N.C. |
Reifen Vorn | 265/40R21 | 275/35 ZR 21 | 245/35 ZR 20 |
Reifen Hinten | 305/35R21 | 275/35 ZR 21 | 295/30 ZR 20 |
Basis Preis (CHF) | * | 289’620 | 220’100 |
Basis Preis (EUR) | 193’200 | 214’074 | 192’793 |
*Für den Schweizer Markt weist Bentley seine Preise in Euro aus, inklusive 7,7% Mehrwertsteuer.
Wir möchten uns bei Bentley Motors Ltd. und Bentley Genève für diese Einladung zur Testfahrt mit dem neuen Bentley Continental GT bedanken.
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